Bergbau und Eisenverhüttung am "Erzberg" Kruschnahora (Krušná Hora) bei Neu-Joachimsthal (Nový Jáchymov)

 

Etwa 35 Kilometer südwestlich von Prag (Praha) befindet sich die kleine Siedlung Neu Joachimsthal (Nový Jáchymov). Der Name, abgeleitet von der bekannten Bergstadt Sankt Joachimsthal (Jáchymov) im Erzgebirge, deutet bereits auf den bergbaulichen Hintergrund hin. Grundlage des Bergbaus war die südlich des Ortes am Kruschnahora (Krušná Hora) vorhandene Hämatiteisenerzlagerstätte, die zu den bedeutendsten Eisenerzlagerstätten in Böhmen gehört. Der Name Kruschnahora geht auf das altböhmische "krušec" zurück, das einen Mineralklumpen bezeichnet.

 

Das ehemalige Amtsgebäude der Fürstenberg'schen Eisengießerei
Das ehemalige Amtsgebäude der Fürstenberg'schen Eisengießerei in Neu Joachimsthal.

 

zur Geologie der Lagerstätte

Die wichtigsten Rohstoffe, welche der Bergbau am Erzberg erbrachte, waren Hämatit und Pelosiderit, welche ca. zwei Drittel der Gesamterzmenge ausmachten. Der andere Teil war Eisenspat bzw. Siderit (FeCO3). In geologischer Hinsicht handelt es sich bei der Lagerstätte um sedimentäres Eisen, welches in der Zone einer isolierten "ordovizischen Insel" inmitten des Proterozoikums im Nordwestflügel des Barrandium-Synklinoriums. Als "ordovizische Insel" ist ein Rest ordovizischer Gesteine zu verstehen, welche der Abtragung entgangen sind. Sie besteht aus zwei langgestreckten Teilen: dem ca. 3,5 km langen Erzberg sowie einer 7 km langen Zone vom Berg Wellis (Velíz) bis Petrovka.  Diese Zone streicht dabei in der Achse der Prager Störung von Nordost nach Südwest.

 

Dieses im Bereich des Anna-Lagers gezeichnete Profil verdeutlicht das Wesen der "ordovizischen Insel". Es handelt sich um eine Synklinale (nach unten gerichtete Falte) inmitten der Grauwcken des Ordoviziums (magenta), welche die Hochflächen der Pürglitzer Wälder bilden. Der über die Hochfläche aufragende Erzberg wird aus mehreren Gesteinsschichten aufgebaut: die oberesten Gipfelflächen deckt Tonschiefer (braun); die Hänge werden aus Quarzsandsteinen gebildet (gelb); am Hangfuß streichen die sogenannten schwarzen Schiefer aus (blau), welche erzführend sind (rot); das Liegende wird von Basalten und Pyroklasika in Form von Granulit und Tuff gebildet, welcher nicht überall an der Oberfläche ausstreicht (grün).

 

 

Anfänge des Bergbaus am Kruschnahora

Bereits für die Zeit der keltischen Besiedlung wurden durch archäologische Untersuchungen Nachweise für die Erzeugung eiserner Werkzeuge im unmittelbaren Umfeld des Erzberges erbracht. Das Lager leicht schmelzbaren Eisenerzes war günstig gelegen, um mit dem damals zur Verfügung stehenden Abbaumethoden eine Förderung in verhältnismäßi großem Maßstab gewährleisten zu können. Sicherlich war das Erzlager auch der Ausgangspunkt für die Entstehung der noch heute berühmten keltischen Burgstätte bei Stradonice an der Beraun (Berounka), die zu den bedeutendsten Oppida und wichtigsten Produktionsstätten ihrer Zeit zählt.

 

Kruschnahora (Krušná hora)
Blick über das Dorf Karlov auf die Nordseite des "Erzbergs" Kruschnahora. Links am Bergfuß liegt Neu Joachimsthal. Das Erzlager verlief entlang des gesamten Berghangs.

 

Nach den Kelten führte die slawische Bevölkerung die Produktion hauptsächlich landwirtschaftlicher Geräte weiter. Auch während der gesamten später folgenden Feudalzeit blieb die Nutzung der Erzlager bestehen. Historische Quellen sind jedoch außerordentlich selten, was unter anderem daran liegt, dass Eisen neben anderen Metallen nicht unter das königliche Bergregal fiel und somit den Grundstückseigentümern zur freien Verfügung stand. Somit entstanden kaum Aufzeichnungen und Register, die in amtlichen Archiven hätten erhalten bleiben können.

 

Die älteste Erwähnung über den Bergbau am Erzberg ist mit dem Jahr 1417 verbunden. Das hiesige Erzlager diente der Versorgung sämtlicher Eisenwerke im Bezirk Podbrdy und war somit eines der bedeutensten Lagerstätten Böhmens. Der kaiserliche Gouverneur der hiesigen Herrschaft Jan Kolenec z Kolna berichtete zum Jahr 1651, dass seit einer Reihe von Jahren die Erzförderung bei Hudlitz (Hudlice) und Otrotschin (Otročiněves) auf dem sogenannten "štok" erfolgte. Im Urbarium der Königshofer Herrschaft ist zum Jahr 1652 vermerkt, dass die Hüttenwerke Karlshütte und Althütte Eisenerze vom Erzberg erhalten. Die eben genannte Althütte befand sich bei Hiskau (Hýskov) an der Beraun. Sie ist bereits zum Jahr 1386 nachweisbar und gehört daher zu den ältesten Werke ihrer Art in diesem Gebiet. Sie war im Besitz der Familie Otta z Losu, ging dann an die königliche Kammer, später die Herrschaft Pürglitz (Křivoklát) und schließlich die Adelsfamilie Waldstein über. Die Neuhütte (das heutige Nischburg / Nižbor) wurde direkt durch die Familie Otta z Losu gegründet. Mitte des 17. Jahrhunderts gelangte sie in die Hände der Magdalena Polyxena z Ladronu und wenig später an die Herrschaft Pürglitz. Eine weitere Eisenhütte entstand um das Jahr 1660 in Hudlitz. Ihr Bestehen dauerte jedoch nur weniger als ein Jahrhundert, da Nachrichten aus dem Jahr 1750 sie bereits als "verlassen". beschreiben.

 

Die Familie Waldstein versuchte während ihrer Herrschaft über das hiesige Amt, die Naturschätze möglichst umfassend zu nutzen. In diesem Zusammenhang wurden die bisher eher primitiven Produktionsverfahren verbessert, so dass in der Nischburger Hütte ab 1706 schließlich eine Produktion von Waffen und Munition aufgenommen werden konnte. Nachrichten aus dieser Zeit bemerken jedoch, dass die Schächte nicht auf Teufen über ca. 30 m gebracht werden konnten, weil sie sich dann alsbald mit Wasser füllten und verlassen werden mussten obwohl noch reichlich Erz zum Abbau gestanden hätte. Man hatte daher nur die Möglichkeit einen neuerlichen Schacht anzulegen.

 

Im Jahr 1731 gelangte die Pürglitzer Herrschaft an die Familie Fürstenberg, deren erster Besitzer Fürst Egon von Fürstenberg, der obereste Burgraf zu Prag, war. Für den Kruschnahora bedeutete dies den Beginn eines umfangreichen Bergbaus mit der Ausbeutung des tieferen und reicheren Erzlagers unterhalb der Grundwassergrenze. Im Jahr 1772 wurde auf der Lagerstätte der erste Erbstollen (welcher alle Einzellager überfuhr und wohl auch entwässerte) angelegt. Er trug den Namen Josef und mündete im Bereich des heutigen als Cech bezeichneten Bauwerks. Nach zwanzig Jahren war er in einer Länge von 570 m vollständig aufgefahren. Die 80er Jahre des 18. Jahrhunderts können folglich als der Beginn der wirklichen bergmännischen Förderung des Erzberger Erzlagers gelten. Durch den Hauptschacht war das Lager auf ca. 25 m aufgeschlossen worden (Adalbert-Lager / Vojtěšské ložisko). Mittels des Josef-Stollens konnte über einen Querschlag das östliche Grubenfeld erschlossen werden (Franz-Joseph-Lager / Františsko-Josefského ložiska).

 

Gliederung der Grubenfelder am Kruschnahora

Lage der Grubenfelder nach Besitzern zum Jahr 1855: blau = staatlich / rot = Fürstenberg / gelb = Strousberg. (Quelle: Infotafel vor Ort)
Lage der Grubenfelder nach Besitzern zum Jahr 1855: blau = staatlich / rot = Fürstenberg / gelb = Strousberg. (Quelle: Infotafel vor Ort)

Ein Meilenstein in der neuzeitlichen Bergbaugeschichte am Erzberg war die im September 1794 erfolge Verleihung einer Fundgrube mit 24 Maßen und einem Erbstollen durch das Bergamt in Pribram an die  Kammerherrschaft Sbirow (Zbiroh), welche im Besitz der Familie Coloredo-Mannsfeld war. In rechtlicher Hinsicht gehörte das entstandene Bergbauunter-nehmen dem Staat, weshalb man von den äraren Grubenfeldern sprach. Sechs Jahre später ließ sich auch die Familie Fürstenberg das Bergrecht für ihre Grubenfelder erteilen. Die Grenze zwischen den fürsenberg'schen und äraren Grubenfeldern verlief etwa 300 m östlich der Achse des Josef-Stollens.

Erst gegen Mitte des 19. Jahrhunderts sicherte sich zusätzlich der auf dem Schloss Zbirow ansässige Unternehmer Strousberg einige Grubenfelder.

 

Übersichtskarte:

A = Mundloch des Franz-Erbstollens (zum fürstenberg'schen Grubenfeld)

B = Eisenhütte in Neu-Joachimsthal

C = "Cech" bzw. Munndloch des Franz-Erbstollens (zum staatlichen Grubenfeld)

D = Bergbauunternehmen Permon

E =Pfeiler der Transportseilbahn

F = Adalbert-Lager (fürstenberg'sches Grubenfeld)

G = "Pyramide" auf der Grenze zwischen dem staatlichen (West) und fürstenberg'schen Grubenfeld (Ost)

H = Erkundungsbaue der Gabriela-Grube

Das staatliche (ärare) Eisenbergwerk

Tagesanlagen des staatlichen Eisenbergwerks auf der 1840 erstellten Katasterkarte für die Gemeinde Hudlitz. ('198' = Pferdegöpel auf dem Hauptförderschacht)
Tagesanlagen des staatlichen Eisenbergwerks auf der 1840 erstellten Katasterkarte für die Gemeinde Hudlitz. ('198' = Pferdegöpel auf dem Hauptförderschacht)
historische Ansicht des Pferdegöpels auf dem Förderschacht
historische Ansicht des Pferdegöpels auf dem Förderschacht

Der zentrale Ort des staatlichen Bergbauareals war der Hauptförderschacht. Er lag ca. 150 m südwestlich der sogenannten Pyramide, einem Ort, an dem sich heute wichtige Forstwege kreuzen. In einer Teufe von 72 m wurde ein Erbstollen erreicht, der - ebenso wie der Erbstollen des fürstenberg'schen Eisenbergwerks - Josef (später Zdenko) genannt wurde. Beide Stollen waren ca. 400 m voneinander entfernt, wobei der Stollen des staatlichen Bergwerks um 40 m höher angesetzt war (er mündete an der heutigen Straße "Ke Štole" = "am Stollen").  Nach 550 m vom Mundloch wurde das Erzlager mit dem Hauptförderschacht erreicht. Betrieben wurde der Förderschacht mit einem Pferdegöpel, der über zwei Seiltrommeln verfügte (siehe nebenstehendes Bild). Die für damalige Zeiten hochmoderne Anlage wurde von Josef Gerstner entwickelt. Mit ihr konnte in Intervallen von ca. 8 Minuten gefördertes Erz ausgebracht werden. In einer 8 Stundenschicht waren somit 58 Fahrten möglich, die etwa 50 Tonnen Eisenerz erbrachten.

 

Mit dem Fortschreiten des Abbaus ergaben sich große logistische Herausforderungen. Besonders kompliziert war die Situation im Bereich des VIII. Schrägschachts. Das Haufwerk musste hier zunächst abwärts befördert werden und dann weiter auf einem Querschlag zum Josef-Erbstollen, von wo aus es dann zum Hauptförderschacht zum Ausbringen verbracht werden konnte. Diese Situation führte zur Anlegung weiterer Schächte und Schrägschächte. Das war. bspw. der Josef-Schacht, welcher ca. 150 m nordöstlich des Hauptförderschacht abgeteuft wurde. Weitere Anlagen hießen Anna-Schacht sowie Anna- und Prokop-Schrägschacht. Der westlichste Teil des statlichen Abbaugebiets lag im Gebiet des heutigen I. Abteufen auf dem Annen-Lager in einer Entfernung von etwa 750 m vom Hauptschacht. Zur Lagerstättenerkundung wurden die Schächte Franz I und II abgeteuft. Auf dem gesamten ca. 1,5 km langen Grubenfeld erfolgte der Abbau hauptsächlich im Bereich von der Oberfläche bis in Teufen bis zu 30, nur vereinzelt bis zu 70 m.

 

Um 56 m tiefer als der Josef-Erbstollen (Zdenko) wurde im Jahr 1830 am südlichen Ufer des ersten Neujoachimsthaler Teichs (Monstratenserteich) ein weiterer Erbstollen mit dem Namen Franz (František) aufgefahren, welcher das Lager auf der Länge von einem Kilometer erschließen sollte. Das Vorhaben wurde allerdings 1862 nach dem Vortrieb auf 640 m Länge eingestellt ohne das Erzlager zu erreichen. (Zu beachten ist, dass es bei den Erbstollen am Kruschnahora eine zweifache Namensdopplung gibt: sowohl das fürstenberg'sche, als auch das staatliche Grubenfeld wurde zunächst durch einen Josef- und später einen Franz-Erbstollen entwässert!)

 

Weitere Stollen, die Ende der 1850er Jahre vollendet wurden hießen Anton (Antonín) und Joachim (Jáchim). Sie erschloßen den Südflügel der Lagerstätte. Die Erzförderung im staatlichen Grubenfeld endete in den 1880er Jahren ebenso wie beim fürstenberg'schen Eisenbergwerk. Erst 1909 wurden die nunmehr vereinigten Bergwerke unter Regie der Böhmischen Bergbaugesellschaft und Prager Eisenindustriegesellschaft modernisiert und wieder in Gang gesetzt.

 

Fürstenberg'sches Eisenbergwerk

Der bereits oben genannte Hauptschacht des fürstenberg'schen Eisenbergwerks lag auf dem Areal oberhalb der späteren Fabrik Permon. Hier hatten bereits die Kelten erzhaltige Steine im Steinbruchbetrieb gewonnen. Dieses sogenannte Adalbert-Lager (Vojtěchské ložisko) gehörte zu den hochwertigsten. Der Hauptschacht diente nur der Förderung, so dass in 70 m Entfernung auch ein 30 m tiefer Fahrschacht eingerichtet werden musste. Schrittweise wurden von dort von dessen Sohle 2 höher und 8 tiefer liegende Sohlen eingerichtet.

 

Das Portal des Josef-Stollens befindet sich auf einem Provatgrundstück und ist somit nicht frei zugänglich.
Das Portal des Josef-Stollens befindet sich auf einem Provatgrundstück und ist somit nicht frei zugänglich.

Neben dem bereits bestehenden Josef-Stollen wurde ab 1829 durch Joseph Mayer ein zweiter Erbstollen aufgefahren. Unter dem Namen Franz-Stollen (František) wurde damit eine Sohle erschlossen, die 60 m tiefer als die des Josef-Stollens lag. Das Mundloch liegt ca. 1,5 km ostnordöstlich des Josef-Stollens an einem als "Courka" bezeichneten Ort im Tal des Habrový potok. Das interessante Portal ist mit einem kleinen Gebäude überbaut, welches bis heute erhalten ist. Der Stollen verläuft von dort aus nach Südwesten und erschloss den östlichsten Teil der Lagerstätte auf Höhe der 25. Sohle. Das Franz-Joseph-Lager wurde dabei nach einer Streckenlänge von 750 m im Jahre 1860 - also nach gut 30 Jahren Vortrieb - angefahren. Noch heute dient dieser Stollen zur Entwässerung der daüber liegenden Sohlen.

 

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte das Fürstenbergische Bergbauunternehmen somit bereits einen Tiefbau von bis zu 197 m auf insgesamt 11 Sohlen aufgefahren. In den Jahren 1849-52 hat man in den bestehenden Bergwerken mit insgesamt 65 Bergleuten eine Ausbeute von 7.500 Tonnen Erz erzielt. Dank einer neu eröffneten Grube, in der im Tagebau Pelosiderit gefördert wurde, konnte die Fördermenge in den Jahren 1867-69 auf 17.500 Tonnen Erz bei 113 Bergleuten gesteigert werden. Mit der Einstellung der Neujoachimsthaler Eisenhütte zum Jahre 1877 (mehr dazu siehe unten) kam dann jedoch auch der Bergbau in Schwierigkeiten. Im Jahre 1889 wurde der Betrieb sogar gänzlich eingestellt. Erst 1909 nahm der damalige Besitzer, die Böhmische Bergbaugesellschaft in Kooperation mit den Prager Eisenwerken den Betrieb wieder auf

 

Während des Ersten Weltkriegs arbeiteten aufgrund der zum Wehrdienst einberufenen Bergleute russische Kriegsgefangene in den Gruben. Außerdem waren zunehmend auch Frauen zum Sortieren der Erze eingesetzt. Nach Kriegsende wurde die Produktion wieder gesteigert, um die den Wiederaufbau der Wirtschaft in Gang zu bringen. Das zunehmende Auszehren der Erzlager führte aber schon nach drei Jahren zur Produktionseinstellung. Nach zwei Jahren kam es aber zu einem neuen Bergbau-Boom, in dessen Folge nicht nur das Haldenmaterial neu sortiert und bei Eignung verwertet wurde, sondern auch das bestehende Grubenfeld deutlich vergrößert. Die Jahresfördermenge kam so bald auf 10.190 Tonnen plus 800 Tonnen aus sortiertem Haldenmaterial. Damals erfolgten auch Probeschürfe auf dem gesamten 3 km langen Lagerzug des Erzberges. Dabei wurde eine maximale Teufe von 266 m (44. Sohle des Adalbert-Lagers) erreicht. Die Produktion stieg beständig an und erreichte 1928 mit der Jahresfördermenge von 205.000 Tonnen einen Höhepunkt. Obwohl die Weltwirtschaftskrise wiederum fast zur Betriebsstillegung führte, brachte die Vorbereitung auf einen Krieg zum Jahre 1936 zahlreiche technische Neuerungen der Betriebseinrichtung und der Bergbau wurde wieder voll aufgenommen.

 

Nach dem Krieg wurden die Unternehmen verstaatlicht und ebenfalls neue Investitionen getätigt. So wurden die Transportbedingungen verbessert, die Tagesanlagen erneuert und auch eine eigene Trinkwasseraufbereitung errichtet. Die Lagerstätte Erzberg beherbergte zu jener Zeit das umfangreichste aktive Bergbauunternehmen auf Eisen in Böhmen. Die Produktion erreichte in den Jahren 1957 - 1961 ihren Höhepunkt, als jährlich über 385.000 Tonnen Erz ausgebracht worden sind. Durch den Beschluss der Regierung bezüglich unrentabler Lagerstätten im Jahr 1965, kam es zur geplanten Aufgabe des Reviers am Erzberg. Begründet war dies dadurch, dass die noch verfügbaren Lagerstättenbereiche nur noch geringe Erzgehalte aufwiesen und der Quarzgehalt allgemein sehr hoch lag, wodurch eine direkte Verwertung in den Hochöfen erschwert war. Die Konsequenz war die endgültige Stilegung des Bergbaus am Erzberg im Jahr 1968. Von den geschätzten 53 Millionen Tonnen Eisenerz der Lagerstätte wurden bisher ca. 20 Prozent gefördert.

 

 

Gewonnen wurden die Erze am Erzberg in zwei Lagern - die in das Große und Kleine Lager unterschieden wurden. Das Große Lager erstreckte sich über die gesamte Fläche des Berges und besaß eine bedeutend Mächtigkeit. Das kleinere Lager setzt sich aus mehreren, zumeist kleineren Linsen zusammen, welche jedoch in der Regel über höhere Gehalte an Eisen verfügen. Die gesamte Lagerstätte erstreckte sich mit einem Streichen in west-östlicher Richtung über eine Länge von 3 km. Die Mächtigkeit des Erzlagers erreichte dabei 6-14 m. Die Erze des Erzberegs lassen sich in verschiedene Gruppen teilen, wie oolitischer Hämatit, gestreifter Hämatit (der den Hauptteil der Lagerstätte bildet), schiefriger Hämatit (der vor allem die unteren Bereiche der Lagerstätte aufbaut), schiefriger Chlorit. Die reichsten Partien befanden sich in der Regel im Hangenden. Dabei wurden bei Mächtigkeiten von bis zu drei Metern Eisengehalte von etwa 30-33 % erreicht.

 

Zur Bergbautechnologie

Die Bergwerke am Erzberg zählten hinsichtlich ihrer Betriebseinrichtung zu den bedeutendsten in der Tschechischen Republik. Aus der Reihe der einzigartigen Anlagen zählen die von Gerstner entwickelte Maschine mit zwei konischen Trommeln, die erste Grubenbahn in Österreich-Ungarn sowie die Spanneisen-Seilscheibe von Karlík zum Antrieb des Endlosseils im 1. Schrägschacht. Die von Gerstner entwickelte und 1794 in Anwendung gebrachte Fördermaschine ermöglichte den Transport von 850 kg Erzes je Kübel. Die Maschine bestand aus einer spiralförmigen Trommel in Form zweier Kegelstümpfe die mit einer kleinen Welle verbunden waren. Nuten in beiden Kugelflächen dienten für das Auf- und Abwickeln der Förderkette. Auf der mittleren Welle lag eine Kette, die eine Förderung aus verschiedenen Teufen ermöglichte. Zur Einrichtung gehörte auch eine Bremsvorrichtung, die ein sofortiges Abstoppen in jedem Bereich des Schachtes möglich machte. Die Förderanlage verfügte über zwei Kübel. Eine spezielle Vorrichtung ermöglichte eine automatische Entleerung auf eine Rutsche, über welche das Erz in Fuhrwerke geschüttet wurde. In einer 8-Stunden-Schicht wurden 58 Fahrten vollzogen, was ohne wesentliche Veränderungen an der Konstruktion über 29 Jahre erfolgte. Mit nur 2 Pferden wurden so täglich fast 50 Tonnen Erz ausgebracht.

 

Beachtlich war außerdem, daß bereits 1793 im Josef-Stollen eine Grubenbahn eingerichtet worden war. Diese war noch gänzlich - sowohl Schienen, als auch Wagen - aus Holz errichtet. Schon 1817 wurde dann eine Eisenbahn in Schmalspur eingeführt, welche die erste ihrer Art in Böhmen war. Bemerkenswertwar auch die Errichtung einer Seilbahn, welche die Erze über 7 km bis zum Bahnanschluss in Königsaal beförderte. Die Anlage wurde 1911-12 von der Wiener Firma Pöhlig erbaut. Erhalten blieben Reste der Pfeiler am Waldrand des Hudlitzer Berges.

 

Ebenfalls wegweisend war die umfangreiche Erschließung des schräg einfallenden Lagers. Da gerade während der Frühpase des Bergbaus umfangreichere Erzpfeiler in den oberflächennahen Bereichen verblieben waren, machte man sich ab dem 19. Jahrhundert Gedanken über eine rationelle und systematische Erschließung des Lagers. Versuche dazu erfogten insbesondere in den noch unberührten Lagerbereichen. Verdient machte sich hier der Hofrat des Pribramer Bergamts Jan Grimm, welcher entscheidende Vorschläge lieferte. Schon 1842 schlug er einen schrägen Abbau vor, welcher stark den später umgesetzten Methoden ähnelte. Es handelte sich um Firstenbau, wobei der Versatz aus dem Hangenden ins Liegende gebracht wurde.

 

Zur Geschichte des Neu-Joachimsthaler Eisenwerks

Zur Neige des 18. Jahrhunderts befanden sich am Standort der späteren Siedlung Neu Joachimsthal lediglich Wiesen und Weideflächen. Zwar war das Vorkommen von Eisenerzlagern in der unmittelbaren Umgebung bereits lange bekannt und schon die hier ansässigen Kelten sowie später auch die Feudalherren, zu denen u.a. die Familien Ottové z Losu und Waldstein  gehörten, gewannen und nutzten die Eisenerze. Eine eigenständige Siedlung erwuchs daraus aber zunächst nicht. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts schlugen dann der Direktor der Technischen Universität Prag František Gerstner und der Schichtmeister in Neuhütten (Nová Huť bei Rokycany) Františèk Nittinger dem Besitzer der Herrschaft Pürglitz (Křivoklát) Egon Landgraf von Fürstenberg den Bau einer gänzlich neuen Eisenwerks vor. Der Plan schien deshalb lukrativ, da der Standort Neu-Joachimsthal gleich mehrere Vorzüge hatte: die Erzlager waren unmittelbar vor Ort, die umgebenden Wälder boten reiche Holzvorkommen, ausreichende Wasserquellen waren vorhanden sowie geeigneten Flächen zur Anlage der Gebäude.

 

Nach der Zustimmung des Grundherren begann man im Jahr 1810 mit dem Bau des Gebäudes der Katasternummer 1, welches den Auftakt für die Entwicklung einer Siedlung bildete. Da der Hüttenbetrieb im sogenanten Joachimsthal (Jáchýmovské údolí) lag, entschied man sich dazu, den Namen Neu Joachimsthal zu wählen, um eine Verwechslung mit dem bedeutenden Bergbaustandort Joachimsthal (Jáchýmov) im Erzgebirge auszuschließen.

historische Ansicht des Eisenwerkes
historische Ansicht des Eisenwerkes

Nachdem 1819 das Eisenhüttenwerk vollständig errichtet war, entstanden im Umfeld Wohnhäuser für die Arbeiter sowie weitere Bauwerke für benachbarte Produktionszweige, wie bspw. eine Schmiede und ein Emailierwerk. Um permanent über ausreichende Mengen an Wassers verfügen zu können wurde das Flüsschen Habrovy potok (= 'Hainbuchen-Bach') in drei Teichen angestaut. Zur Hochzeit des Bergbaus in den 1860er Jahren arbeiteten hier ca. 1.000 Angestellte in den Berg- und Hüttenwerken sowie bei der Holzkohleproduktion in den umliegenden Waldungen der Pürglitzer Herrschaft.

Das Eisenwerk in Neujoachimsthal war nach seiner Errichtung das modernste und berühmteste im gesamten Österreich-Ungarn. Hinsichtlich der Produktionskapazität nahm es hier die zweite Stelle ein. Nach erhaltenen Dokumenten wurden allein im Jahr 1851 insgesamt 1.262 Tonnen Eisenerz gefördert sowie 1.022 Tonnen Gußeisen hergestellt. Zur damaligen Zeit gehörte das Eisenwerk mitsamt den zugehörigen Funktionsbauten und der technischen Ausstattung zu den größten und modernsten Hüttenwerken in Europa. Der französische Sachverständige Fürst Buquoy meinte nach einem Besuch der Eisenhütte, er habe den "zweckmäßigsten Bau seiner Art auf dem europäischen Festland" gesehen.

 

Vor Ort wurde ein umfangreiches Sortiment an Produkten hergestellt, von Kunstgegenständen, Säulen, Denkmälern, Küchengeräten bis hin zu den größten und umfangreichsten, andernorts nicht produzierten Waren, wie Wellen, Rädern, Brückenbögen, Schienen, Rohren etc.. Das größte hier hergestellte Teil war ein 17 m hohes und 113 t schweres gußeisernes Denkmal, welches in Arbesau bei Teplitz (Varvažov u Teplic) 1825 im Andenken an die siegreiche Schlacht einer Armee von Karl Colloredo-Mannsfeld gegen französische Truppen im Jahre 1813 errichtet wurde. Die Produktion eines derartigen Objekts war nur möglich, da ein hochentwickeltes Ofensystem errichtet worden war, weches zwei Hochöfen kombinierte.

 

historische Ansicht des Eisenwerkes
historische Ansicht des Eisenwerkes

Eine Erfolgsgeschichte der hier erzeugten Produkte waren auch die mit Emaile versehenen Geschirre, welche in der Fabrik der Gebrüder Barthelmus produziert wurden (siehe nebenstehendes Bild). Im Jahr 1862 wurden bspw. 930 Tonnen derartiger Waren nach ganz Europa geliefert.

In den Hochöfen wurde als Flußmittel Kalk eingesetzt, der im nahen Kalksteingebiet des Böhmischen Karsts einfach gewonnen werden konnte. Der Kalkanteil betrug beim Schmelzen 12-15 %. aus einem Kubikmeter wurden unter dem Einsatz von Holzkohle Mitte des 19. Jahrhunderts 130 kg Roheisen erschmolzen. BIs in die 1860er Jahre war das Neujoachimsthaler Eisenwerk hinsichtlich der Produktionsmenge das zweitgrößte in Böhmen.

historische Ansicht des Eisenwerkes
historische Ansicht des Eisenwerkes

Der Betrieb der hiesigen Eisenwerke endete im Jahre 1877 infolge der Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise 1873-76, aber auch aufgrund von Hochwasserkatastrophen in den Jahren 1872 und 1876, bei welchen die Dämme der Teiche aufgerissen worden waren und die Wassermassen den Bauwerken großen Schaden zufügten. Der Hauptgrund für die Betriebseinstellung lag jedoch in technologischen Gründen.  Die neueingeführten Schmelztechnologien dieser Zeit setzten anstelle von Holzkohle auf Koks, was sich in den Neu Joachimsthaler Hochöfen aber aufgrund ihrer Konstruktionsweise nicht realisieren ließ. Ein anderer Grund für den Umzug der Hütteneinrichtung nach Königshof (Králův Dvůr) waren die dort günstigeren Standortfaktoren, wie der Bahnanschluss und das größere Wasserdargebot des Flüsschens Litavka. Gleichzeitig zeigte sich schonungslos, dass die neu aufkommenden Kapitalgesellschaften zunehmend kapitalkräftiger wurden und sogar das Potenzial der Adelsfamilie Fürstenberg überstiegen.

Das Ende des Eisenwerks im Jahr 1877 führte zur Abwanderung der Arbeiter in Betriebsstätten der Umgebung, wodurch sich die Einwohnerzahl der Siedlung Neu Joachimsthal verringerte. Die nicht mehr genutzten Betriebsanlagen wurden in der Folge schrittweise demontiert. Heute findet man von den Hochöfen nur noch marginale Reste einiger Stützmauern. Erhalten blieben lediglich eine Reihe steinerner Wohnhäuser  entlang der Straße nach Nischburg (Nižbor). Im Gegensatz zur Eisenhütte blieb die Förderung des Eisenerzes aus den Bergwerken unter dem Erzberg (Krušná Hora), trotz einiger kurzzeitiger Niedergänge, bis ins 20. Jahrhundert bestehen und endete erst im Jahr 1967.

 

Bergbau am Wellis (Velíz)

Der südwestlich des Kruschnahora gelegene Berg Wellis (Velíz) weißt in geologischer Hinsicht die gleiche Beschaffenheit wie sein großer Nachbar auf.  Auch hier wurde Eisenerz gefördert, wenngleich in deutlich geringerem Ausmaß. Die Spuren davon sind auch nur marginal.

 

Literatur und weiterführende Informationen

  • Otomar Dvořák: Tajemné stezky - Křivoklátským královským hvozdem (2. Auflage, Prag 2014)
  • Radomír Zelenka & Roman Živor: Hornické památky České Republiky (Praha 2019, S. 352-359)
  • Geschichte des Eisenerzbergbaus am Krušná hora (tschechisch) (LINK)
  • Informationen und Fotogalerie zum Krušná hora (tschechisch) (LINK)
  • Informationen und Fotogalerie zum Bergbau am Krušná hora(LINK)
  • wikipedia-Eintrag Nový Jáchymov (LINK)
  • wikipedia-Eintrag Krušná hora (LINK)